Neben 15 weiteren Religionsgemeinschaften beteiligte sich auch die neuapostolische Kirche in Crailsheim an diesem Aktionstag mit einem Stand und Vorträgen des katholisch-neuapostolischen Projektchores.
Ein buntes Treiben herschte an diesem Tag rund um das Crailsheimer Rathaus. Insgesamt 16 verschiedene Religionsgemeinschaften hatten ihre Stände aufgebaut. Neben Information über die jeweiligen Glaubensinhalte wurden an zahlreichen Ständen auch kulinarische Genüsse angeboten.
Das Hohenloher Tagblatt berichtet darüber wie folgt: "Es sei das Anliegen der Stadt, dass ihre Bürger gut miteinander leben könnten, voneinander wüssten und sich gegenseitig respektierten, schickte Oberbürgermeister Rudolf Michl der Podiumsdiskussion über „Kirche in der demokratischen Gesellschaft – Zwischen Wahrheitsanspruch und Pluralismus der Religionen“ und der Unterzeichnung der Absichtserklärung zur gemeinsamen Arbeit an einer „Charta der Religionen“ in Crailsheim voraus.
In der von Stadtarchivar Folker Förtsch moderierten Diskussionsrunde vor etwa 250 Zuhörern im Ratssaal rückte vor allem religiöser Fundamentalismus in den Fokus des Gesprächs. Die Bibel sei von Menschen geschrieben, entgegnete Pfarrerin Annette Kick, Weltanschauungsbeauftragte der evangelischen Landeskirche in Württemberg, auf Förtschs Frage nach der wortwörtlichen Auslegung der heiligen Schriften. Die Bibel brauche Auslegung: „Religion hat viel mit religiöser Bildung zu tun.“
Man müsse in jedem Jahrhundert das Wort Gottes neu lesen, stimmte ihr Dr. Bekir Alboga, Generalsekretär der DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) aus Köln zu. Für das Gebet sei das nicht so wichtig. Aber sobald es um das Verstehen gehe, gebe es große Unterschiede zwischen etwa den Mystikern auf der einen und den Orthodoxen auf der anderen Seite. Der Islam verarme – mit Blick auf Wissenschaft und Kunst – durch Fundamentalisten.
Religion diene durchaus als Brandbeschleuniger, gestand Dr. Gerhard Neudecker vom katholischen Kommissariat der Bischöfe in Baden-Württemberg ein. Das Unfehlbarkeitsdogma des Papstes und Glaubenssätze grundsätzlich seien aber nur im schlimmsten Fall Gründe für Auseinandersetzungen: „Es ist eine Herausforderung für jede Religion.“
Viele Menschen würden den Islam in Verbindung mit Gewalt bringen, sagte Förtsch zu Bekir Alboga. „Den Muslimen blutet dabei das Herz. Wir sind sehr traurig über den Missbrauch des Islam“, so die Antwort. Er sei eine Religion des Friedens und der Barmherzigkeit – „99 Prozent der Muslime sind gegen den Terrorismus.“ Bei der Kölner Demonstration „Nicht mit uns“ gegen islamistischen Terror, an der seine Organisation am Samstag nicht teilgenommen hatte, sei das Problem zum einen die Wahl des Zeitpunkts während des Fastenmonats Ramadan, zum anderen die Organisation durch Privatpersonen und das zu späte Zugehen auf die DITIB gewesen.
Am Ende stand noch die Frage des interreligiösen Dialogs im Raum. Man solle verschieden bleiben, sagte Kick: „Aber in den Zielen sollten sich alle als Töchter und Söhne Gottes sehen.“ „Es bedarf einer Haltung der aufrichtigen Wertschätzung – über bloße Toleranz hinaus“, ergänzte Neudecker. Alboga sah das gegenseitige Kennenlernen ohne missionarische Gedanken als wesentlich an.
In diesem Sinn war auch die nachfolgende Unterzeichnung der Absichtserklärung zu sehen. OB Michl und 16 Vertreter von Crailsheimer Religionsgemeinschaften legten damit die Grundlage für ein Forum für besseres Kennenlernen und einen ehrlichen Dialog. Außerdem bestätigten sie mit ihren Unterschriften, sich „der fremden Religion, . . . aber auch nicht gläubigen Menschen mit Respekt und in einem Geist der Toleranz und der Verständigungsbereitschaft“ zu begegnen: „Wir sind bereit, den interreligiösen Dialog auf der Basis der Gleichberechtigung und gegenseitigen Achtung zu führen.“
Um Podiumsdiskussion und Absichtserklärung herum gab es für die Festbesucher Darbietungen auf einer Open-Air-Bühne – vom neuapostolisch-katholischen Projektchor über Saz-Klänge bis zu modernen christlichen Liedern. In der Liebfrauenkapelle begeisterte das Klezmerensemble „Kleztett“. Führungen für Kinder in der Johanneskirche gehörten ebenso zum Programm wie zum Schluss ein Orgelkonzert. Und man konnte an den Ständen der in der Stadt vertretenen Religionsgemeinschaften mit deren Vertretern ins Gespräch kommen oder einfach nur Köstlichkeiten genießen."
Für alle Beteiligten war es ein gelungener Tag. Und man darf gespannt sein auf den im Herbst beginnenden interreligiösen Dialog. In einem ersten Schritt werden sich die verschiedenen Glaubensgemeinschaften im Rahmen einer VHS-Reihe gegenseitig vorstellen.